Gedenken an Prof. Dr. med. Dr. hc. Friedrich-Marbod Meissner
Geboren 20.10.1922 in Hohebach/Dörzbach – Gestorben 08.10.2007 in Stuttgart
Bekannte Persönlichkeiten werden gerne mit Städten wie Geburts- oder Wirkungsort verknüpft.
So kann sich Stuttgart schon als Geburtsort von Georg Wilhelm Friedrich HEGEL (1770-1831) und auch von Wilhelm GRIESINGER (1817-1868) schmücken, die beide auch zur Meissner’schen Ahnentafel gehören. Griesinger war im 19. Jahrhundert einer der wichtigsten Begründer der wissenschaftlichen Psychiatrie und ist eine allgemein anerkannte Persönlichkeit der Medizingeschichte. Hegels originärer Beitrag hat die Weltgeschichte , das allgemeine Denken verändert und die Philosophie weiterentwickelt. Einige seiner Aussagen: Der Philosoph soll seine Zeit erfassen. / Das Wahre ist das Ganze. / Nur mit dem Werden ist das Ergebnis das Ganze. Hegel wurde oft als düster bezeichnet. Wäre er in der Lage, die Verhältnisse unserer Zeit zu betrachten, so würde sich sein Ausdruck angesichts zunehmender schädigender Abläufe wohl noch stärker verfinstern.
MEISSNER, wirkte vor allem seit seinem 40sten Lebensjahr hauptsächlich von Stuttgart aus, wo er durch seine außergewöhnlich vielfältigen Aufbauleistungen (auch als langjähriger Stadtrat unter Klett und Rommel) ein Begriff wurde. Er war gleichzeitig Delegierter bei der Landes- und der Bezirks-Ärztekammer, in Ministerien Mitglied zahlreicher Ausschüsse und Präsident von internationalen Gesellschaften mit dem Ziel von Völkerverständigung und Aufbau. Wer sich mit dem Werk der beiden jetzt benannten Ärzte , ihrem Denken und Schaffen vertraut macht, erkennt die Verbindung mit Hegel, dem Denker der Ganzheitlichkeit; wobei Hegels absoluter Idealismus letztlich wohl gescheitert ist.
Meissner war seit 1953 als erster deutscher Facharzt für Aneasthesiologie zuerst von Tübingen, dann hauptsächlich von Stuttgart aus tätig, um in breiter Konzeption in einer Vielzahl von Krankenhäusern Anaesthesiedienste einzurichten. Er sorgte so für mehr und erfolgreichere operative Eingriffe. Darüberhinaus war er der Pionier der Notfall – und Intensivmedizin, sowie der Schmerztherapie in Deutschland. Dadurch konnte er eine enorme Leistung in der Verringerung vermeidbaren Leidens im Großraum Stuttgart und zahlreichen weitern Ländern erbringen, wo er sein Wissen als Experte in zahlreichen Gastvorlesungen und als Lehrbeauftragter weitergab – so z.B. im Nahen Osten, Japan, Nord-, Süd- und Mittel-Amerika. Für seine Tätigkeit als Chefarzt des Deutschen Roten Kreuzes bei der Rückführung von rund 1000 Deutscher Staatsbürger während der Nahostkrise 1967 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. 1993 erhielt er für seine Leistungen in der Medizin das Verdienstkreuz Erster Klasse. In Stuttgart engagierte sich Meissner vor allem für Optimierungen im Gesundheits- und Sozialbereich (entwickelte Narkoseverfahren weiter), wirkte im Krankenhausausschuss und als Chefarzt von verschiedenen Krankenhäusern. Von 1971 an bis 2007 war er Referent für Gesundheitsfragen beim Landes-Naturschutzverband, wo er sich für Umweltschutzfragen einsetzte, den Nichtraucher-Schutz etablierte und die Einrichtung von Absaugeinrichtungen für die giftigen Benzindämpfe an den Tankstellen-Zapfsäulen erkämpfte. Durch die Gründung der Europäischen Gesellschaft zur Erforschung und Behandlung von chronischen Schmerzen – Schmerzhilfe e.V., sowie Mitbegründer der European Medical Laser Association -EMLA- beförderte er die Hilfe für Patienten und parallel die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der jeweiligen Experten.
In den letzten Jahrzehnten konnte dank dem Ergebnis des Meissner‘schen Schaffens erfreulicherweise die flächendeckende Versorgung von Schmerzpatienten gut entwickelt werden.
Die heutige Situation in der Schmerzmedizin stellt sich sehr differenziert dar: Durch Ambulante und stationäre palliativmedizinische Einrichtungen sowie Hospize konnten Karzinomschmerz u.ä. gut unter Kontrolle gebracht werden. Doch die Anzahl komplexer Schmerzsyndrome wächst mit dem zunehmenden Alter der Bevölkerung und deren Multimorbidität, sodass sich hierdurch für die Schmerzmedizin neue Herausforderungen ergeben.
Bad Schönborn, 20.10.2022
PD Dr. med. Roland Wörz, MA Medizinethik,
Präsident der Meissner Schmerzhilfe