In diesem Sommer mag sich so manch einer schicksalhaft den Lebensumständen machtlos ausgeliefert gefühlt haben. Krieg, Krankheit, Energiekrise, Hitze – Trifft uns all dies denn gänzlich unvorbereitet?!

Der Sommer geht. Und wir tun gut daran, einen kühlen Kopf unter Beweis zu stellen. Es geschieht nichts, außer man tut es… Wir müssen nicht Elon Musk oder Harald Lesch heißen, um zu erkennen, dass der menschliche Geist mehr als nur durchsetzungsfähig ist, sondern auch zu brillanten Synthesen fähig ist. Für ganz konkrete Sternstunden in Stuttgart fing vor exakt hundert Jahren die Gründung der Sternwarte an zu sorgen. Eine der strahlendsten Sopran-Stimmen der Welt (Opponentin von Maria Callas), Renata Tebaldi erblickte 1922 das Licht der Welt. Dennoch, am Ende des Ersten Weltkriegs zeigten sich fast überall auf der Welt erneut schier hoffnungslos scheinende politische Verwirrungen. Es gab vor allem Inflationsraten, die uns heute gar nicht vorstellbar sind.

Wichtige Schlüssel zur Krisenbewältigung – damals wie heute – sind MUT & INNOVATION. Genau deshalb ist es, dass wir hier diese Retrospektive wagen wollen.

In die krisenhafte Nachkriegswelt von 1922 hinein wird nämlich auch der Gründer unserer Europäischen Gesellschaft, Friedrich-Marbod Meissner hineingeboren. Von Niedergang und Zerstörung waren die Städte geprägt und deren Bevölkerung am Rande der Verzweiflung. Großer Mangel, mit notwendig werdendem wachsendem Erfindungsreichtum prägte da auch die ländlichen Regionen. Und die Generation, die dort heranwächst, wird nichts anderes kennen als einfach zu machen! Kommt eine Entwicklung ähnlicher Art nicht auch heute wieder auf uns zu?

MUT & INNOVATION…  Wenn gar nichts mehr geht, braucht es da nicht immer einen neuen Blick von außen? Menschen, die es wagen, etwa auch einmal ein Scheitern für ein gelingendes Neues in Kauf zu nehmen? Marbod Meissner wuchs damals auf in einer ihn begünstigenden glückhaften Familiensituation: mit vier jüngeren Geschwistern, für die er z.B. in den Ferien von den Eltern verantwortlich gemacht wurde. Das schulte zweifellos seine natürliche Autorität und seine Erfindungsgabe. Nicht viele dieses Jahrgangs waren fähig, den im Nazi-Regime folgenden Drill standzuhalten und die Härten des Zweiten Weltkriegs sowie die Entbehrungen der Folgezeit gestählt zu bestehen. Hierbei war sicherlich von großem Vorteil, dass die Eltern als klassische Bildungsbürger in der Lage waren, den Sinn und Nutzen von Büchern und Wissen täglich erlebbar zu machen.

Bereits vor Kriegsende, einer frühen Verwundung trotzend, vielfach unter Äthernarkose operiert, sah er, was in der Humanmedizin unbedingt verbessert werden müsse und durfte noch in Kriegszeiten mit dem Studium beginnen.

Als aufgrund seines Promotionsthemas über die Malaria die WHO die Kompetenz dieses jungen Arztes richtig erkannte, um ihn für das Trockenlegen von Griechenlands Sumpflandschaft rund um Athen zu gewinnen, dürfte er als Absolvent des Altgriechischen am Humboldt-Gymnasium zu Ulm erstmals den Vorteil von Sprachkenntnissen erkannt haben – ein unabdingbarer Vorteil für den weiteren Lebensverlauf. Bei einer nachfolgenden Entsendung ins „Heilige Land“ und auch nach Jordanien, kam noch Arabisch dazu. Durch seine Bluttransfusionskenntnisse und Erfindungen im BLOODBANKING konnte er am Fulbright Leadership Programm in den USA 1952 teilnehmen. Zuvor: 1950/-51 war er schon im Rahmen einer zwölfmonatigen Vortragsreise bei Red Cross Vereinen in sämtlichen amerikanischen Bundesstaaten eingeladen. Da die Tübinger Universität wollte, dass ihr Meissner in Lund für sie die modernen amerikanischen Narkosemethoden studierte, konnte er dann auch schwedisch erlernen sowie mehr und mehr den Wert von direkter grenzübergreifender Zusammenarbeit begreifen. Mit seiner Wahl ins Stadtparlament unter Klett und Rommel wurde er mehr und mehr zum engagierten Stuttgarter Bürger, dem es als Medizin-Unternehmer, Verleger und Vortragreisenden i.S. Schmerz ein großartiger Mitarbeiterstab ermöglichte, sich auch politisch zu engagieren. Sich für das Allgemeinwohl einzusetzen war wichtiger Meissner’scher Lebensinhalt und sollte ihn bis ins 85. Lebensjahr ehrenamtlich weiter antreiben. Ein Privatleben zu gestalten, war in einem solchen internationalen Spannungsfeld nicht einfach, dafür aber ziemlich aufregend. Über längere Zeiträume immer wieder unverheiratet war er dennoch mehrere Ehen eingegangen – immer mit ganz besonders emanzipierten Frauen – gleichgültig ob beträchtlich älter oder wesentlich jünger als er selbst. Musik, Literatur und die Kunst ganz allgemein inspirierten ihn ebenso wie seine weltweit persönlichen Kontakte, ja auch die Pflege von Freundschaften rund um den Globus und die Achtung vor allem, was lebt.

Eine Doktorandin aus Hamburg, die die Meissner-Biografie derzeit wissenschaftlich ergründet, könnte im Oktober bereits so weit sein, ein Resümee ihrer Ergebnisse zu geben.

Beim für 2023 geplanten Jour Fixe Festvortrag mit anschließender Diskussion wird es dann, ganz im Meissner‘schen Sinn gewissermaßen auch um MUT & INNOVATION gehen… beim Thema ANTHROPOSOPHISCHE MEDIZIN.